Wallfahrt im Mittelalter

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Bis zu 5.000 km lang wurde der Pilgerweg für die Menschen, die aus Skandinavien auf diese Fernwall­fahrt gingen. Bereits bei der ersten Schneeschmelze brachen sie auf, um bis Weihnachten des gleichen Jahres – mit Gottes Hilfe – wieder zurückzukehren. Die Gefahren waren groß: Hunger, Durst, Räuber, Orientierungslosigkeit, Krankheiten und Kriege konnten den Plan schnell über den Haufen werfen.

Eine Wallfahrt war im Mittelalter bis in die Neuzeit der einzige legitime und gesellschaftlich akzeptierte Grund, seine Arbeit liegen zu lassen und eine so weite Reise anzutreten. Pilger hatten für ein Jahr Rechts­schutz, d.h. nicht nur, dass sie für die Dauer ihrer Pilgerschaft unter besonderem kirchlichen und welt­lichem Schutz standen, sondern dass auch Rechts­ansprüche Dritter an sie für ein Jahr gestundet war, so z.B. bei Schulden. Daher entstanden die ver­schiedensten Beweggründe für diese Wallfahrt: So mancher flüchtete wegen einer ausstehenden Steuerlast. Arme versuchten durch die Wallfahrt dem Schicksal als Knecht oder Söldner zu entfliehen. Wohlhabende machten die Pilgerfahrt zu einer Bildungsreise, Händler verbanden die Wallfahrt mit ihren Geschäften. Andere brachen bei Notzeiten (Missernte, Epidemien, ...) zu dieser Wallfahrt auf, um dem Elend zu entfliehen. Später wurden Menschen aber auch zur Sühne auf diese große Wallfahrt geschickt. Meist handelte es sich hierbei um Mord oder Raub, aber auch Schmähung von kirchlichen und weltlichen Obrigkeiten. Es sind aber auch Beispiele überliefert, wonach nächtliche Unruhestifter nach SdC geschickt wurden oder zwei Frauen, die sich in der Öffentlichkeit gestritten haben. - Doch die meisten Menschen machten sich aus religiösen Gründen auf den Weg zum Apostelgrab.

So unterschiedlich die Motivation für diese Wallfahrt in der Vergangenheit war, so unterschiedlich ist sie auch heute. Für die einen ist es ein Glaubensweg, andere versuchen auf ihm zur Ruhe zu kommen oder sich zu finden, weitere interessieren sich für die Kulturdenkmäler am Wegesrand oder sehen es allein als sportliche Herausforderung. Doch damals wie auch heute gilt für viele: Es kommt ein anderer Mensch zurück, denn der Weg verändert ihn.

Die Gefahren und Beschwernisse der Pilger im Mittelalter waren enorm. Er hatte den Naturgewalten zu trotzen und böse Menschen zu meiden. Eine kleine Auf­stellung gibt Einblick in verschiedene, oft lebensbe­drohlichen Situationen:

Gebirge Die Überquerung des Hochgebirges stellte die größten Schwierigkeiten und Gefahren des gesamten Jakobusweges dar. Rasch auftretender Nebel konnte zur völligen Orientierungslosigkeit führen. Ein plötzlicher Wetterumschwung, wie er in den Bergen häufig ist, konnte ein Weitergehen unmöglich machen. Dann saß der Pilger u.U. tagelang fest.

Flüsse Flussüberquerungen waren gefährlich. Brücken waren eine Seltenheit. Eine Untiefe oder starke Strömung ließ viele Pilger ertrinken. Beim Durch­schreiten einer Furt wurden die erschöpften Pilger am anderen Ufer zuweilen von Räubern erwartet. Fährleute betrogen sie um ihre Habe.

Wege Wer den Weg und die Orientierung verloren hatte, konnte mitunter tagelang in menschenleeren Gegenden umherirren. Wer nicht bald auf Menschen stieß, war dem Tode durch verhungern oder die Naturgewalten ausgeliefert. Es verdurstete, wer nicht rechtzeitig Wasser fand.

Epidemien Seuchen brachen immer wieder aus. Gegen die Krankheiten gab es oft kein Heilmittel. Entweder man hatte großes Glück und wurde nicht angesteckt oder man überstand nach schwerer Krankheit die Seuche. Andernfalls wurde man in der Fremde begraben.

Krankheiten Die Strapazen (Hitze, Kälte, Regen, Schnee, aber auch Erschöpfung, Verletzungen aller Art, Glieder­chmerzen durch das lange Gehen, ...) setzten der eigenen Gesundheit hart zu. Wer dann nicht bald auf ein Hospiz (Hospital) stieß und sich hierin auskurieren konnte, dem bedeute dies oft das Ende.

Böse Menschen Räuber raubten die Pilger aus, wenngleich sie unter besonderem Schutz der Kirche standen. Zöllner erhoben ungerechtfertigte Zölle. Fährleute verlangten überhöhte Gebühren. Geschäftige Wirte zerrten Pilger in ihre Gaststätte. Üble Wirte vergifteten Pilger, um sich an ihrer Habe zu bereichern.

Die Gefahren einer Fernwallfahrt waren so groß und allgemein bekannt, dass sie sogar ihren Niederschlag in dem Pilgerlied „Wer das elent bawen wel“ gefunden haben. Klaus Herbers schreibt hierzu: „Somit bietet der Liedtext einige Hinweise zum Mit- und Gegeneinander der Völker auf dem Pilgerweg, das sich im MA keineswegs immer harmonisch und konfliktfrei gestaltete.“